Page 14 - NDV 08/2021
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 IM FOKUS NDV 8/2021 der Teilhabe an Bildung, sondern auch bei den elterlichen Bezugspersonen, in der Regel bei den Müttern. Sie verfügen heutzutage zwar über ebenso gute Bildungs- und Berufsab- schlüsse wie Männer, können aufgrund ihrer Zuständigkeit für häusliche Carearbeit allerdings nicht in vergleichbarem Um- fang am Arbeitsmarkt tätig sein (BMFSFJ 2017). Dieser Tat- bestand wird durch die Erkrankung eines Kindes verstärkt. 2. Das Modellprojekt „Einführung von Schulgesundheitsfachkräfen“ Seit Jahren sind in den skandinavischen und anglo- amerikanischen Ländern spezialisierte Pflegekräfe in Schulen tätig, die als „school (health) nurses“ Kinder und Jugendliche in allen gesundheitlichen Angelegenheiten betreuen. In Deutschland sind diese Gesundheitspflegekräfe fast nur in Privatschulen anzutrefen, was zu einer Benachteiligung von Schüler/innen an öfentlichen Schulen führt. Um auf ver- änderte gesundheitliche Herausforderungen in der Lebens- welt Schule zu reagieren, haben der AWO Bezirksverband Potsdam e.V. und die Hessische Arbeitsgemeinschaf für Gesundheitsförderung e.V. (HAGE) deshalb ein Modellprojekt zum Einsatz von Schulgesundheitsfachkräfen an öfentlichen Schulen mit folgenden Zielen durchgeführt: ▶ Gewährleistung einer Erstversorgung von erkrankten und verletzten Personen auf dem Schulgelände, ▶ Unterstützung bei der Früherkennung von möglichen gesundheitlichen Entwicklungsstörungen, ▶ Unterstützung der Lehrkräfe bei unterrichtsbegleitenden, bereits bewährten und qualitätsgesicherten Präventions- projekten, ▶ Optimierung der gesundheitlichen Kompetenzen von Lehrkräfen, Eltern und Schüler/innen, ▶ Förderung eines gesunden Schulklimas z.B. im Kontext der Hygieneplanung, ▶ UnterstützungvonchronischKrankenundKindernmitBe- einträchtigungen sowie von Schüler/innen nach krank- heitsbedingter längerer Abwesenheit, ▶ Ansprech-undVertrauenspersonfürSchüler/innenmit gesundheitlichen Aufälligkeiten, ▶ interdisziplinäreinner-undaußerschulischeZusammen- arbeit (vgl. Maulbecker-Armstrong et al. 2020). 3. Methode: Kosten-Nutzen-Analyse Die Kernidee einer Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) besteht darin, gesamtgesellschafliche Aufwendungen und Erträge von Projekten vergleichbar zu machen. Das erfolgt durch die Quantifizierung der Kosten und Nutzenerträge über einen be- stimmten Zeitraum in Geldeinheiten. Projektkosten werden idealtypisch als Minderung, erzielte Erträge als Zugewinn ge- sellschaflicher Wohlfahrt gewertet. Durch die Modellierung von Szenarien können realistische Kosten-Nutzen-Relationen ermittelt werden. Es handelt sich damit um eine in der Wissen- schaf anerkannte Methode, die Entscheidungsträgern zu rele- vanten fiskalischen Informationen verhilf (Meier-Gräwe/ Wagenknecht 2011). In Zusammenarbeit mit den SGFK und unter Einbindung der Expertise von gesundheitsmedizinischen Expert/innen2 wur- den Fallbeispiele aus dem Modellprojekt ausgewählt, für die man die eingesetzten Prozess- und Vernetzungskosten fall- bezogen aufgeschlüsselt hat. Im Anschluss wurden die er- mittelten Größen mit den lebenslaufbezogenen Folgekosten für Sozial- und Gesundheitshaushalte und mit den erzielten bzw. entgangenen Wertschöpfungspotenzialen kontrastiert: So gelang die realitätsnahe Modellierung von fallbezogenen Szenarien mit und ohne Schulgesundheitsfachkraf.3 In diesem Beitrag wird die Fallvignette einer Diabetes mellitus Typ 1-Erkrankung vorgestellt. Kinder und Jugendliche mit Dia- betes mellitus Typ I haben insbesondere im Grundschulalter und in der Pubertät einen hohen Bedarf an individueller medi- zinischer Versorgung (Insulin- und Ernährungsplan, Schulung von Kind, Eltern und Lehrkräfen über die spezifischen Gesund- heitsprobleme). Immer wieder kommt es zu Fehlzeiten, wenn die betrofenen Kinder medizinisch nicht gut eingestellt sind und dadurch kritische Ereignisse (z.B. Blutzuckerentgleisung) entstehen. Hinzu kommen weitere Einschränkungen wie der Ausschluss von Schulausflügen, da sich das Lehrpersonal of überfordert fühlt (Heinrich et al. 2019). 2 3 Die Autorinnen danken an dieser Stelle Herrn Dr. Hans Böhmann und Frau Dr. Gabriele Neben dem Fallbeispiel einer an Diabetes Mellitus erkrankten Schülerin aus dem akademischen Herkunfsmilieu wurde auch eine KNA für das Dienstleis- tungsmilieu durchgeführt. Zudem wurden Stadt-Land-Unterschiede berücksichtigt. Die Darstellung dieser rgebnisse kann hier aus Platzgründen nicht erfolgen. Gleiches gilt für die im Gutachten ebenfalls erstellte KNA für das Krankheitsbild einer depressiven Störung mit nicht suizidalem selbstverletzendem Verhalten. 398 llsäßer für ihre wertvolle fachliche Unterstützung. 


































































































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