Lebenswege in ein sicheres Alter gestalten – Strategien gegen Altersarmut
Dokumentation der Hauptausschusssitzung 2024
Am 18. September 2024 fand die turnusmäßige Hauptausschusssitzung des Deutschen Vereins mit rund 130 Teilnehmenden in Berlin statt. Im Rahmen der Vereinsregularien standen die Jahresrechnung und der Prüfbericht für das Jahr 2023, die Feststellung
des Jahresabschlusses 2023 und die Entlastung des Präsidiums, die Wahlen zur Präsidentin, zur Vizepräsidentin und zum Präsidium
sowie die Änderung der Beitragsordnung des Deutschen Vereins auf der Tagesordnung. Schwerpunktthema der fachlichen Diskussion war in diesem Jahr „Lebenswege in ein sicheres Alter gestalten – Strategien gegen Altersarmut“.
Präsidentin Dr. Irme Stetter-Karp betonte in ihrer Begrüßungsrede, dass es in einer Gesellschaft des langen Lebens immer wichtiger werde, bereits präventiv die sozialpolitischen Weichen richtig zu stellen, um ein gutes Leben im Alter zu sichern.
Cansel Kiziltepe, Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung des Landes Berlin, betonte in ihrem Grußwort, dass Altersarmut ein Thema ist, das uns alle angeht, und der Blick auf die Lebenswege entscheidend ist, um Altersarmut vorzubeugen.
Vereinsregularien
Vorständin Dr. Verena Staats, die das Amt am 1. August 2024 übernommen hat, nutzte ihre erste große Gremiensitzung, um sich den Mitgliedern des Hauptausschusses und Gästen vorzustellen und berichtete aus der Arbeit des Deutschen Vereins und zur wirtschaftlichen Lage.
"Ein offenes Ohr, ein ehrliches Wort, zuhören und auch die Zwischentöne hören, das gehört für mich zu einer guten Kommunikationskultur. Ich freue mich daher, wenn auch wir in Kontakt treten und miteinander ins Gespräch kommen. Meine Tür ist immer offen. "
Jahresabschluss 2023 und Entlastung des Präsidiums für das Geschäftsjahr 2023
Die Mitglieder des Hauptausschusses haben den Jahresabschluss 2023 festgestellt und das Präsidium für das Geschäftsjahr 2023 entlastet. Durch den Punkt führte der ehemalige und langjährige Sprecher des Finanzbeirats Burkhard Müller. Er scheidet nach über 20 Jahren aus den Gremien des Deutschen Vereins aus. Präsidentin Stetter-Karp würdigte sein langes und großes Engagement als Mitglied im Hauptausschuss und im Präsidium des Deutschen Vereins sowie als Sprecher des Finanzbeirates. Sie betonte dabei seine hohe fachliche Expertise, die er stets zum Wohle des Deutschen Vereins eingebracht hat.
Wahlen
Jörg Frees, Vorsitzender des Wahlausschusses, führte durch den Tagesordnungspunkt. Mit großer Mehrheit haben die Mitglieder des Hauptausschusses Dr. Irme Stetter-Karp erneut zur Präsidentin gewählt. Seit 2021 ist die Sozialwissenschaftlerin, ehemalige Ordinariatsrätin und Direktorin des Caritasverbandes der Diözese Rottenburg auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Ein einstimmiges Votum erhielt Claudia Mandrysch, Vorständin des Arbeiterwohlfahrt Bundesverbandes e. V., die als Vizepräsidentin des Deutschen Vereins zur Wahl stand. Ebenfalls mit großer Mehrheit wurden die 19 weiteren Mitglieder in das Präsidium des Deutschen Vereins gewählt.
Änderung der Beitragsordnung
Auf der Tagesordnung der Hauptausschusssitzung stand in diesem Jahr auch die Änderung der Beitragsordnung des Deutschen Vereins. Durch den Punkt führte Dr. Thomas Deiters, Sprecher des Finanzbeirates. Er betonte, dass die Mitglieder ihren Teil der Finanzierung der wichtigen fachlichen Arbeit des
Deutschen Vereins durch die Mitgliedsbeiträge leisten. Die in den vergangenen Jahren vollzogenen Tarifsteigerungen und hohe Inflationsrate haben zu Kostensteigerungen sowohl im Bereich der Personalkosten als auch bei den Sachkosten geführt. Eine vollständige Kompensation im Rahmen der institutionellen Förderung des Deutschen Vereins durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist trotz festgeschriebenen Personal- und Stellenplans für das Jahr 2024 nur teilweise erfolgt und für das Jahr 2025 sowie für die folgenden Jahre ungewiss. Der Deutsche Verein hat miterheblichen Einsparungen bei den Sachkosten, der Zurückstellung auch dringender Investitionen und vor allem durch Nichtbesetzung von Stellen bzw. Stellenanteilen reagiert. Parallel dazu hat der Deutsche Verein Maßnahmen im Bereich der Einnahmensteigerung umgesetzt, wie z.B. die Erhöhung der
Teilnahmegebühren für Fachveranstaltungen, Preiserhöhungen der Publikationen des Deutschen Vereins sowie die Untervermietung von leerstehenden Büroräumen, um die entstandene Finanzierungslücke kurzfristig aufzufangen. Diese Sparmaßnahmen können allerdings nicht weiter ausgedehnt oder
dauerhaft umgesetzt werden, da sie langfristig zu Einschränkungen des erforderlichen und gewohnten Leistungsspektrums führen.
Insgesamt betrachtet sind die Beiträge der einzelnen Beitragsgruppen moderat gestaltet, die letzte Erhöhung fand 2015 bzw. 2018 (Länder) statt. In dem Bewusstsein, dass viele Mitglieder ebenfalls unter finanziellen Herausforderungen stehen, wurden die zahlreichen Für und Wider in den Gremien
des Deutschen Vereins und mit einzelnen Vertreterinnen und Vertretern der Länder intensiv diskutiert. Um den Mitgliedern ausreichend Zeit für die Umsetzung der geänderten Beitragsordnung zu geben, wird die Änderung erst mit dem 1. Januar 2026 wirksam. Für das Jahr 2025 bleibt alles beim Alten!
In der Hauptausschusssitzung vom 18. September 2024 haben die Mitglieder des Hauptausschusses mit großer Mehrheit folgende Änderungen der Beitragsordnung beschlossen:
▶ Erhöhung des Faktors pro Einwohner/innen für die Berechnung der Mitgliedsbeiträge für Bundesländer, kreisfreie Städte und Landkreise
von 0,0043 € auf 0,006 €.
▶ Änderung der Berechnungsgrundlage für Mitgliedsbeiträge der Bundesländer auf die Einwohnerzahlen zum 31. Dezember 2022 des Statistischen Bundesamtes (Grundlage Mikrozensus 2022).
▶ Erhöhung des Mindestbeitrags von 103,– € auf 150,– € in den verschiedenen Beitragsgruppen. Ausnahme: Einzelmitglieder.
Hier erhöht sich der jährliche Mitgliedsbeitrag von 103,– € auf 120,– €.
▶ Erhöhung der Mitgliedsbeiträge kreisangehöriger Städte:
unter 10.000 Einwohner/innen: 103,– € auf 150,– €
10.000 – 49.999: 200,– € auf 250,– €
50.000 – 99.999: 300,– € auf 400,– €
über 99.999: 500,– € auf 600,– €
Einführung einer Dynamisierung von Beitragserhöhungen:
Alle drei Jahre erfolgt zum 30. Juni des entsprechenden Jahres im Vergleich zum 30. Juni von drei Jahren zuvor – erstmalig zum 30. Juni 2027 im Vergleich zum 30. Juni 2024 – ein Abgleich des vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Verbraucherpreisindizes (Basis 2020 = 100).
Entsprechend der Indexentwicklung wird mittels folgender Formel der neue Mitgliedsbeitrag ermittelt:
(Mitgliedsbeitrag alt • neuer Verbraucherpreisindexstand) / alter Verbraucherpreisindexstand = Mitgliedbeitrag neu
Eine Anpassung erfolgt nur bei einer Erhöhung des Verbraucherpreisindizes. Diese Erhöhung wird den Mitgliedern durch die Geschäftsstelle bis zum 1. Oktober des laufenden Kalenderjahres bekannt gegeben mit Wirkung zum 1. Januardes übernächsten Kalenderjahres – erstmalig zum 1. Januar
2029.
▶ Die Beitragsordnung tritt zum 1. Januar 2026 in Kraft
Die Mitglieder in den jeweiligen Beitragsgruppen erhalten durch die Geschäftsstelle entsprechende Informationen.
Verleihung der Ehrenplakette des Deutschen Vereins
Auf Beschluss des Präsidiums des Deutschen Vereins vom 20. März 2024 wurden in diesem Jahr Prof. Dr. Andreas Kruse, Emeritus, Seniorprofessor distinctus an der Universität Heidelberg, und Beate Bröcker, Staatssekretärin a. D. im Ministerium für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt mit der Ehrenplakette des Deutschen Vereins gewürdigt. Beate Bröcker konnte leider nicht persönlich anwesend sein. Ihr wurde
die Ehrenplakette zu einem späteren Zeitpunkt von Vorständin Dr. Verena Staats überreicht. Die Verleihung der Ehrenplakette an Prof. Dr. Kruse fand im
Rahmen der Hauptausschusssitzung statt. Präsidentin Stetter-Karp betonte in ihrer Laudatio die überragenden Qualitäten von Prof. Dr. Kruse als Psychologe, Gerontologe und Institutsleiter und als herausragender Experte im Bereich der Alters- und demografischen Forschung in Deutschland. Er habe
wesentlich dazu beigetragen, unser Bild vom Altern realistisch zu zeichnen und immer wieder die Ressourcen und Kreativität im Alter und das Bedürfnis älterer Menschen nach gesellschaftlicher Teilhabe zu betonen. Mit seiner Gabe, schwierige und komplexe Sachverhalte insbesondere in Vorträgen klar
und transparent zu machen, schafft er es immer wieder, das Auditorium mitzureißen und gefangen zu nehmen. Der Deutsche Verein sei sehr froh und dankbar, dass er seine vielfältigen Talente immer wieder in die Vereinsarbeit eingebracht habe – nicht nur als Mitglied des Hauptausschusses und immer wieder gern gesehener Gast und geschätzter Redner beim Deutschen Fürsorgetag und anderen Veranstaltungen, sondern auch als streitbarer Autor in den Publikationen des Verlages. Immer wieder konnte der Deutsche Verein von seinem Wissen, von seinen Impulsen und seinen kritischen Hinweisen
profitieren.
In seiner mitreißenden Dankesrede formulierte Prof. Dr. Kruse seine große Freude und Ehre über die Verleihung der Ehrenplakette. Das Institut für Gerontologie in Heidelberg habe aus den Verlautbarungen des Deutschen Vereins immer viel Inspiration gezogen, und er sei dankbar, dass eigene Überlegungen in diese eingeflossen seien. Er betonte, man könne die materielle, bildungsbezogene und soziale Benachteiligung bis in ihre
Konsequenzen in die körperliche Ebene hinein nachweisen. Daher sei es wichtig, dass wir eine Sozialpolitik betreiben, die Menschen die Möglichkeit gibt, von Kindesbeinen an zu partizipieren. Diese Partizipation sei aus seiner Sicht eine große Errungenschaft unserer Demokratie und gleichzeitig eine große
Herausforderung. Partizipation bedeute für ihn auch – ganz im Sinne von Hannah Arendt –, dass Menschen die Möglichkeit haben, das Recht auf Rechte zu artikulieren, dass sie die Möglichkeit haben, sich im öffentlichen Raum frei zu bewegen, frei von Diskriminierung und frei von Ängsten, diskriminiert und
zurückgewiesen zu werden, und dass sie am kulturellen und sozialen Fortschritt teilhaben können. Seine Arbeit stelle er in den Kontext der vier Begriffe Selbstverantwortung, Selbstständigkeit, die bewusst angenommene Abhängigkeit und Mitverantwortung. Diese haben seiner Meinung nach viel mit der
Identität des Deutschen Vereins zu tun.
Fachlicher Austausch
Den Einstieg in das fachliche Schwerpunktthema machten zwei einleitende Vorträge. Im Fokus standen dabei Impulse für eine Alterssicherungspolitik, die darauf zielt, Altersarmut zu vermeiden, sowie Potenziale und notwendigen Reformen im Rentensystem.
Prof. Dr. Ute Klammer erläuterte, dass Armut im Alter das Ergebnis eines Zusammenwirkens von individuellen Lebensverläufen und Risikokonstellationen auf der einen Seite sowie steigenden Anforderungen an eine kontinuierliche Versicherungsbiografie auf der anderen Seite sei. Vor allem familienorientierte
Frauen, umbruchsgeprägte Ostdeutsche, ehemalige Selbstständige, Zugewanderte und Menschen mit komplexen Diskontinuitäten in ihrem Leben würden erhöhte Risiken für Altersarmut tragen. Es gebe eine Vielzahl potenziell alterssicherungsrelevanter Statuspassagen und „Knotenpunkte“ innerhalb
des Lebensverlaufs. So beginne Armutsvermeidung im Alter am Arbeitsmarkt. Die Politik müsse daher umfängliche und kontinuierliche Erwerbsteilhabe ermöglichen, aber auch Strukturen für atmende Lebensläufe schaffen. Außerdem müsse sie Menschen zur Vorsorge und Absicherung befähigen.
Die gesetzliche Rente sei besser als ihr Ruf. Es gebe allerdings noch viele Stellschrauben für Verbesserungen im Rentensystem und in den vorgelagerten Systemen, beispielsweise eine verbesserte Anrechnung von Pflegezeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung oder ein besserer Zugang von Frauen und
Niedrigeinkommensbeziehenden zur betrieblichen und privaten Alterssicherung. Prof. Dr. Klammer sprach sich außerdem für mehr Verbindlichkeit, durchgängige Versicherungspflichten und eine Pflichtversicherung für Selbstständige aus. Notwendig sei eine übergreifende alterssicherungspolitische Gesamtkonzeption, die sich von einem sozialpolitischen Sicherungsziel ableite.
Zusammenfassend stellte sie klar: Es bedürfe einer vorgelagerten, verzahnten Lebenslaufpolitik, die an den Ursachen von Altersarmut und mangelnder Altersvorsorge ansetze und auch wieder normative Zielvorstellungen für eine Lebensstandardsicherung im Alter formuliere.
Dr. Dina Frommert erläuterte in ihrem Impuls, dass die Alterung in der Bevölkerung eine umlagefinanzierte Alterssicherung in finanzielle Bedrängnis bringen könne. Aufgrund wachsender Beschäftigung und Produktivität einerseits sowie durch Einschnitte in das Sicherungsniveau andererseits sei es dennoch in den letzten Jahren gelungen, das Beitragsniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung stabil zu halten. Letztlich gehe es mit dem Beitragssatz um die Frage, was sich eine Gesellschaft an Alterssicherung leisten möchte. Mit Blick auf das Mehrsäulensystem stellte Dr. Frommert klar: Auch bei einer
geplanten Rentenniveaustabilisierung im vorgeschlagenen Rentenpaket II seien die betriebliche und private Vorsorge als zweite und dritte Säule neben der gesetzlichen Rente weiterhin von zentraler Bedeutung zur Lebensstandardsicherung.
Ein Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn zeige, dass Deutschland ein stark zergliedertes und komplexes System aufweise. Problematisch wirke sich aus, dass an verschiedensten Stellen Anreize gesetzt würden, die jedoch in unterschiedliche Richtungen gingen und nicht aufeinander abgestimmt seien. Daher plädierte Dr. Frommert abschließend für eine zielorientierte Sozialpolitik aus einem Guss.
Podiumsdiskussion
In der Podiumsdiskussion zu Strategien gegen Altersarmut diskutierten unter der Moderation von Katharina Linnepe die Bundestagsabgeordneten Mario Czaja von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Frank Bsirske, Sprecher der AG Arbeit und Soziales der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen,
mit Dr. Johannes Reimann, Mitglied im Präsidium des Deutschen Vereins sowie Referent für Soziales, Jugend, Familie und Arbeit beim Schleswig-Holsteinischen Landkreistag und Michael David, Zentrumsleitung Soziales & Beteiligung der Diakonie Deutschland.
Die Bundesabgeordneten Mario Czaja und Frank Bsirske unterstrichen die Bedeutung eines lebenslauforientierten Ansatzes Mario Czaja plädierte dafür, mit einem Kinderstartkapital eine gerechtere Ausgangslage zu schaffen. Frank Bsirske sprach sich für bessere Rahmenbedingungen für Weiterbildung sowie für Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf aus. Seiner Ansicht nach brauche es eine gerechtere Besteuerung, um dies zu finanzieren. Um die obligatorischen Rentensysteme zu finanzieren, warb er zudem dafür, die Arbeitgeberseite stärker heranzuziehen. Weitere wichtige Stellschrauben seien eine Stärkung der Tarifbindung und eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns. Michael David sprach in Bezug auf die gesetzliche Rente von einem Attraktivitätsproblem. Jeder Euro, der in die gesetzliche Rentenversicherung einbezahlt werde, müsse sich im Alter auch lohnen. Aktuell hätten aber
diejenigen, die eigentlich in die gesetzliche Rente einzahlen müssten, hohe Anreize, genau dies nicht zu tun, was Altersarmut verstärken könne. Zudem bräuchte es mehr Zielgenauigkeit bei der Förderung. Dr. Johannes Reimann machte deutlich, dass es vor allem ein Absicherungsproblem gebe, weil es
Menschen an beitragspflichtigen Zeiten fehle. Von allen geteilt wurde die Einschätzung, dass die Alterssicherung ebenso wie der Sozialstaat insgesamt einfacher, transparenter und zugänglicher gestaltet werden sollten. Mario Czaja erläuterte, dass mit Blick auf immer komplexere Regelungen die Legitimität des staatlichen Systems ins Wanken geraten sei. Hier brauche es neue Partizipationsinstrumente und Kommunikationswege zwischen Bürgergesellschaft und staatlichen Institutionen. Seine Idee, Entscheidungen, die über die Bestimmung von Basisleistungen hinausgehen, auf kommunaler Ebene von Bürgerräten treffen zu lassen, die nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzt sind, wurde kontrovers diskutiert. Gegen diese Idee wurde angebracht, dass gerade gerichtlich überprüfbare Ansprüche sowie die kommunale Steuerung von Aufgaben durch gewählte Gemeinderäte und Kreistage wesentliche Vertrauensfaktoren im System seien.
Dr. Johannes Reimann verwies im weiteren Verlauf der Diskussion auf die kommunale Infrastrukturverantwortung in
der Altenhilfe und nannte beispielhaft die Mobilität im ländlichen Raum durch einen Bürgerbus für ältere Menschen. Die Organisation von Teilhabe trotz geringen Einkommens im Alter sei eine wichtige gemeinsame Aufgabe von Kommunen und Freier Wohlfahrtspflege. Beide bräuchten gerade mit Blick
auf das Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse dafür eine gute finanzielle Ausstattung. Michael David machte außerdem auf den Zusammenhang von Einsamkeit und Altersarmut aufmerksam. Sozialräumliche Angebote für Seniorinnen und Senioren wie Treffpunkte mit kostengünstigem Mittagstisch,
Nachbarschaftscafés und Haushaltshilfen würden einen wichtigen Beitrag leisten. Über diese Begegnungsorte könnten ältere Menschen auch besser für weitere Hilfen erreicht werden.
Fazit
Die Bekämpfung von Altersarmut darf nicht erst im Alter beginnen. Wichtige Bausteine sind eine konsistente Sozialpolitik, die den gesamten Lebensverlauf im Blick hat, sowie ein zielgenaues, konsistentes und zukunftsfestes System aus gesetzlicher Rente, betrieblicher und privater Vorsorge. Um die Auswirkungen von Altersarmut in der Lebensphase Alter zu mildern, braucht es zudem gut ausgestaltete und finanzierte Altenhilfestrukturen sowie sozialräumliche Angebote vor Ort, die als Türöffner wirken können.