Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur erforderlichen Zuverlässigkeit von Trägern nach § 45 SGB VIII
1. Einleitung
Mit dem Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) wurde als eine der zentralen Regelungen zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII das Erfordernis der Zuverlässigkeit des Trägers für den Betrieb von Einrichtungen eingeführt.
Somit erfolgt die Prüfung im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens nicht mehr ausschließlich einrichtungsbezogen, sondern wird nunmehr um ein trägerbezogenes Kriterium ergänzt. Damit ist die Erteilung der Betriebserlaubnis an einen unzuverlässigen Träger, der ein beanstandungsfreies Konzept für eine geplante Einrichtung vorlegt, ausgeschlossen. Die Neuregelung zielt laut Gesetzesbegründung darauf ab, Gefahren zu begegnen, welche von einem in der Vergangenheit unzuverlässigen Träger ausgehen könnten.
Erlaubniserteilende Behörden sind mit der Aufgabenwahrnehmung im Bereich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen gemäß § 45a SGB VIII betraut und haben das neue Kriterium im Zusammenhang mit der Beurteilung, wann das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist, zu berücksichtigen. Gleiches gilt für freie Träger, welche betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen nach dem SGB VIII und SGB IX betreiben. Das Kriterium der Zuverlässigkeit des Trägers bezieht sich auf Rahmenbedingungen und Organisation des Einrichtungsbetriebs, sodass es sich um die strukturelle Kindeswohlgewährleistung handelt. Der Träger als Gesamtverantwortlicher hat durch die Organisation seines Betriebes gemäß der insbesondere im SGB VIII (§§ 45 ff.) geregelten Trägerpflichten und Erlaubnisvoraussetzungen kindeswohlsichernde Abläufe innerhalb seiner Einrichtung strukturell und fortlaufend zu sichern. Das Kriterium der Zuverlässigkeit ist auch auf bestandskräftige Betriebserlaubnisse anzuwenden.
Sollte sich ein Träger nach Erteilung der Betriebserlaubnis als unzuverlässig erweisen, kann in letzter Konsequenz von Möglichkeiten der Auflage (§ 45 Abs. 4 und Abs. 6) und Aufhebung (§ 45 Abs. 7) Gebrauch gemacht werden.
Die Trägerzuverlässigkeit ist zu gewährleisten im Kontext des Betriebserlaubnisrechts. Im Rahmen des Leistungsvertragsrechts nach den §§ 78b ff. SGB VIII und im Kontext der Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Trägern der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe und den leistungserbringenden Trägern im Kontext der Zusammenarbeit nach §§ 27 ff. SGB VIII findet sie nur Anwendung, wenn durch Handlungen des Trägers Anhaltspunkte gegeben sind, die eine strukturelle Kindeswohlgefährdung gemäß der Anforderungen des §§ 45 ff. SGB VIII vermuten lassen und eine entsprechende Prüfung der betriebserlaubniserteilenden Behörde erforderlich macht.
Um den Beteiligten des Betriebserlaubnisverfahrens Handlungssicherheit zu geben, sollte der unbestimmte Rechtsbegriff der "Zuverlässigkeit" möglichst einheitlich beschrieben und angewandt werden. Dem Träger soll im Wege der vorliegenden Empfehlungen Sicherheit im Umgang mit dem neuen Merkmal gegeben werden, auch und insbesondere, da überregional tätige Träger mit unterschiedlichen betriebserlaubniserteilenden Behörden zusammenarbeiten und auch argumentative Hinweise zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Behörden und Bewertungen erhalten müssen.
Mit dieser Empfehlung möchte der Deutsche Verein einen Beitrag dazu leisten, sowohl dem Kriterium der Zuverlässigkeit des Trägers gemäß § 45 SGB VIII mehr Kontur zu verschaffen als auch den im SGB VIII nicht weiter differenzierten Trägerbegriff beleuchten. Die Empfehlungen richten sich an die betriebserlaubniserteilenden Behörden sowie die Träger von betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen.
dv-10-22_zuverlaessigkeit_von_traegern.pdf [PDF, 355 KB]