Europa sozial machen. Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur Wahl des Europäischen Parlaments 2024
Präambel: Lehren aus dem Krisenmanagement nutzen und das soziale Europa stärken
Die Europäische Integration und die Gründung der Europäischen Union ist eines der erfolgreichsten politischen Friedensprojekte der neueren Geschichte. Entstanden aus dem Schrecken zweier Weltkriege und in der Hoffnung auf Versöhnung sind wir in der Europäischen Union zu unserem Glück vereint. Wir sind überzeugt, dass in einer Zeit sich überlagernder Krisen eine friedliche, lebenswerte Zukunft nur gemeinsam gesichert werden kann. Europa lebt von der uneingeschränkten Achtung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Diese Werte verteidigen wir gemeinsam gegen populistische, nationalistische oder anti-demokratische Strömungen. Daher ist es Aufgabe der Europäischen Union, zivilgesellschaftliche Strukturen zu stärken. Starke gemeinnützige Organisationen und Kommunen bauen mit ihren sozialen Diensten soziale Unterschiede und Spaltungen ab und arbeiten für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen europäischen Regionen.
Die Bewältigung von Krisen und politischen Herausforderungen wird mehr und mehr vom Ausnahmefall zum allgemeinen Handlungsmodus der europäischen Politik. Die nun endende Legislatur war geprägt von der Corona-Pandemie, der sich verschärfenden Klimakrise, humanitären Notlagen an den EU-Außengrenzen, dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine sowie den daraus resultierenden Fluchtbewegungen und gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten. Die herausfordernden Ereignisse und Entwicklungen der letzten fünf Jahre haben erneut deutlich gemacht, dass es eine handlungsfähige EU und ein geeintes Europa braucht, um auf aktuelle Problemlagen zu antworten. Bei der Bewältigung der multiplen Krisen erwiesen sich die europäischen Institutionen als reaktions- und handlungsfähig. Für zukünftige Szenarien der Krisenbewältigung gilt es allerdings, höhere Anforderungen an Transparenz und demokratische Legitimation zu stellen. Die Frage der Weiterentwicklung des europäischen Institutionengefüges bleibt bestehen, um die EU nach innen und außen resilienter zu machen. Auch zeigten die Krisenlagen Versäumnisse in der transnationalen Koordinierung zum Beispiel im Bereich der Asylpolitik, im Bereich des Gesundheitswesens und der sozialen Infrastruktur auf. Die Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten in Bereichen der Grundversorgung muss weiter intensiviert und insbesondere müssen kommunale Kooperationen verstärkt werden.
Aus sozialpolitischer Sicht unterschied sich das europäische Krisenmanagement fundamental vom Umgang mit der Finanz- und Schuldenkrise ab 2008. Mit der Schaffung von Instrumenten zur Wirtschafts- und Arbeitsmarktstabilisierung als Reaktion auf die Corona-Pandemie wurden soziale Verwerfungen eingedämmt und eine schnelle wirtschaftliche Erholung ermöglicht. Ein europäisches Auseinanderdriften, wie im Nachgang der Schuldenkrise, konnte dadurch weitestgehend verhindert werden. Es gilt nun von diesen Erfahrungen und den sozialpolitischen Aspekten des Krisenmanagements zu lernen. Die letzten fünf Jahre haben gezeigt, dass eine Aufwertung der sozialen Dimension der EU zu konkreten Erfolgen in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den Mitgliedstaaten führte. Es gilt an diese Fortschritte anzuknüpfen und bestehende soziale Herausforderungen zu adressieren, indem das soziale Europa weiter ausgebaut wird.
Der Deutsche Verein hat hierfür nachstehend Empfehlungen in fünf Themenbereichen für ein soziales Europa formuliert. Mit seine Empfehlungen richtet sich der Deutsche Verein an die Abgeordneten des zukünftigen Europäischen Parlaments, an die neu eingesetzte Europäische Kommission sowie an nationale Ministerien, die über ihre Einbindung in den Europäischen Rat an europäischen Entscheidungsprozessen beteiligt sind.
DV-24-23_Europa_sozial_machen.pdf [PDF, 352 KB]