Stellungnahme der Geschäftsstelle des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates und des Europäischen Parlaments über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Schutzmaßnahmen und die Zusammenarbeit im Bereich des Schutzes von Erwachsenen (EU-Erwachsenenschutzverordnung – EUErwSVO) – COM (2023) 280
Vorbemerkung
Die EU-Kommission stellt fest, dass eine steigende Zahl Erwachsener Unterstützung bei der Entscheidungsfindung benötigt und die Mobilität der Menschen in der EU zunimmt. Insoweit sind Erwachsene in grenzüberschreitenden Situationen zunehmend mit verschiedenen Problemen konfrontiert.
Dem nun vorgelegten Vorschlag der EU-Kommission liegen diverse Erwägungen zugrunde, darunter die zentrale Feststellung, wonach es bislang an einem Rechtsakt der Union fehlt, der die grenzüberschreitenden Aspekte der Rechts- und Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen und die zivilrechtlichen Aspekte des grenzüberschreitenden Schutzes von Erwachsenen, die nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen und daher Unterstützung bei der Ausübung ihrer Rechts- und Geschäftsfähigkeit in einem Mitgliedsstaat erhalten regelt.
Schwierigkeiten, die sich aus dieser bis jetzt unionsrechtlich ungeregelten Situation ergeben und insbesondere im Fall eines Wohnortwechsels in einen anderen Mitgliedsstaat auftreten können oder soweit Immobilien und Vermögenswerte einer Person in anderen Mitgliedsstaaten betroffen sind, soll mit dem Verordnungsvorschlag entgegengetreten werden. Zugleich sollen dadurch negative Auswirkungen auf die Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Handel sowie auf die Rechte und das Wohlergehen der betroffenen Erwachsenen und die Achtung ihrer Würde künftig vermieden werden. Es wird eine Vereinheitlichung der Vorschriften des internationalen Privatrechts im Bereich des Erwachsenenschutzes angestrebt. Die Bestimmungen des Haager Übereinkommens vom 13. Januar 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen (ErwSÜ) sollen hierdurch nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr ergänzt werden. Insbesondere soll eine Vereinfachung, Straffung und Modernisierung der Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erreicht werden, um den Einsatz von Vorsorgevollmachten im grenzüberschreitenden Kontext zu erleichtern und sicherzustellen, dass Schutzmaßnahmen für Erwachsene auch in grenzüberschreitenden Zusammenhängen ihre Wirksamkeit entfalten können.
Mit dieser Stellungnahme wird insbesondere Bezug genommen auf die Regelungen zum Europäischen Vertretungszertifikat, zur Einrichtung und Vernetzung von Schutzregistern, zur Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen und die Annahme öffentlicher Urkunden sowie zur Zusammenarbeit.
Die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins begrüßt das Anliegen der EU-Kommission, sich der bislang bestehenden unionsrechtlichen Lücken im Bereich des grenzüberschreitenden Erwachsenenschutzes anzunehmen. Die Gruppe erwachsener Menschen, die infolge Krankheit oder Behinderung zur Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit, zur gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft sowie zur Wahrung ihrer Selbstbestimmung und der Gestaltung ihres Lebens nach eigenen Wünschen und Präferenzen der Unterstützung durch rechtliche Betreuung oder privatrechtlich organisierte Vorsorgebevollmächtigung bedarf, muss auch im grenzüberschreitenden Bereich den für sie erforderlichen Schutz durch Rechtssicherheit erfahren. Die Rechte dieser vulnerablen Personengruppe dürfen nicht an den Landesgrenzen enden.
dv-22-23_eu-erwachsenenschutzvo.pdf [PDF, 217 KB]