Themenschwerpunkte 2023
Als Forum des Sozialen hat der Deutsche Verein im Jahr 2023 eine Vielzahl an Stellungnahmen und Empfehlungen verabschiedet sowie mit seinen Fachveranstaltungen Raum für Diskussion und Wissenstransfer geboten. Zudem erstellt der Deutsche Verein Sozialrechtsgutachten bei ungelösten oder strittigen Rechtsfragen von allgemeinem Interesse.
Stellungnahmen und Empfehlungen 2023 Übersicht der Veranstaltungen 2023 Gutachten 2023
Im Folgenden finden Sie Informationen zu ausgewählten Themenschwerpunkten, die die Arbeit des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. im Jahr 2023 besonders geprägt haben.
Kinder- und Jugendhilfe
Im Jahr 2023 stand die inklusive Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe weiterhin im Fokus der Arbeit des Deutschen Vereins. So hat er in der Arbeitsgruppe „SGB VIII – Gesamtzuständigkeit Kinder- und Jugendhilfe“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgearbeitet. Außerdem wurden Empfehlungen erarbeitet, die die besonderen Schutzbedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen in den Blick nehmen. Sie bieten vor dem Hintergrund des anvisierten inklusiven SGB VIII konkrete Umsetzungsvorschläge für Träger und Einrichtungen.
Darüber hinaus hat der Deutsche Verein die Umsetzung der bereits in Kraft getretenen Regelungen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) begleitet und mit der Fachtagung „Voneinander lernen – Jugendämter auf dem Weg zur Umsetzung der inklusiven Lösung“ Raum für den bundesweiten Erfahrungsaustausch zur Implementierung von Verfahrenslotsen geboten. Besonders deutlich wurde, vor welchen organisationalen Herausforderungen die Kinder- und Jugendhilfe steht, damit das Zusammenwachsen mit der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX immer besser gelingt. Notwendig sind beispielsweise einheitliche Bedarfsermittlungssysteme, einheitliche Leistungsbeschreibungen, die Entwicklung eines gemeinsamen Qualitätsverständnisses und niedrigschwellige Zugänge.
Im Kontext von Schulsozialarbeit thematisierte der Deutsche Verein mit einer Fachtagung den chancengerechten Übergang von Schule in den Beruf. Ferner wurden Empfehlungen für die Umsetzung der Jugendhilfe im Strafverfahren verabschiedet, um der Praxis konkrete Arbeitshilfen anzubieten. Außerdem wurden die jährlichen Empfehlungen zur Festsetzung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege überprüft und als „Weiterentwickelte Empfehlungen zur Festsetzung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege (§§ 33, 39 SGB VIII) für das Jahr 2024“ verabschiedet.
Frühkindliche Bildung und Betreuung
Die Sicherstellung und qualitative Weiterentwicklung der Angebote der Frühen Bildung und Betreuung angesichts des bestehenden Platz- wie Fachkräfte- und Personalmangels war auch im Jahr 2023 ein zentrales Anliegen des Deutschen Vereins. So setzte er sich in zahlreichen Gremien auf Bundes- und Landesebene für die Verbesserung der Qualität in der Kindertagesbetreuung ein.
Er machte wiederholt deutlich, dass der Bund die Länder und Kommunen nicht nur bei der Sicherstellung eines bedarfsgerechten Angebotes weiterhin unterstützen müsse, sondern auch in der Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Diese Botschaft brachte der Deutsche Verein ebenso in Gespräche mit Bundestags- und Landtagsabgeordneten ein. Im Rahmen von Fachtagungen und Vorträgen befasste sich der Deutsche Verein mit der Stärkung, Weiterentwicklung und rechtlichen Verankerung des Unterstützungssystems Fachberatung.
Zudem richtete der Deutsche Verein im Rahmen einer Fachtagung den besonderen Fokus auf die bisherige Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes und die Ausgestaltung einer inklusiven Kindertagesbetreuung.
Familienpolitik
Der Deutsche Verein hat sich 2023 intensiv mit dem Vorhaben der Einführung einer Kindergrundsicherung beschäftigt. Im Rahmen von Empfehlungen für die Ausgestaltung einer Kindergrundsicherung wurden wesentliche Anforderungen benannt, um die mit der Kindergrundsicherung verfolgten Ziele – Bekämpfung von Kinderarmut, Förderung von Chancengerechtigkeit sowie Sicherstellung der Teilhabe von allen Kindern und Jugendlichen, Vereinfachung und Entbürokratisierung – erreichen zu können. Maßgeblich für dieses umfassende sozialpolitische Projekt ist, dass sich hieraus ein sowohl monetärer als auch organisatorischer Mehrwert im Vergleich zum Status Quo ergibt. Diesen hat der vorgelegte Gesetzentwurf noch nicht absehen lassen. Wesentlich war daher, im Rahmen von Diskussionen und Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten unterschiedlicher Fraktionen und verschiedenen weiteren Akteuren auf notwendige Anforderungen an die Ausgestaltung einer Kindergrundsicherung hinzuweisen und insbesondere die gewinnbringende Gestaltung der Schnittstellen zum Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht einzufordern.
Auch die Empfehlungen des Deutschen Vereins für eine Reform des Familien- und Familienverfahrensrechts unter Berücksichtigung häuslicher Gewalt konnten im Rahmen verschiedener Vorträge und Fachgespräche weiterverbreitet und diskutiert werden. Die Modernisierung des Familienrechts, wie im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vereinbart, muss auch auf die Fälle schauen, in denen aus unterschiedlichen Gründen die gemeinsame Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung nicht im Sinne des Kindeswohls liegt oder nicht verwirklicht werden kann.
Die allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 SGB VIII bietet Antworten auf einige der zentralen Herausforderungen für die Gesellschaft wie die Armutsfolgenbekämpfung, die Integration, die Stärkung von Demokratie sowie die Verwirklichung von Partnerschaftlichkeit. Um dieser objektiven Rechtsverpflichtung Ausdruck zu verleihen und die Familienförderung als Teil der Kinder- und Jugendhilfe verbindlich zu stärken, hat der Deutsche Verein die Unterstützung von Familien durch Infrastrukturen der Familienbildung, -beratung und -erholung auf einer Fachtagung, in einem Expertenworkshop und in einem AG Prozess bearbeitet.
Alter und Pflege
Die Gestaltung einer Infrastruktur für das gute Älterwerden ist eine der drängendsten Aufgaben in den Kommunen. Aus diesem Grund beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe im Deutschen Verein mit der Rechtsgrundlage der Altenhilfe und erarbeitete Empfehlungen zur Umsetzung des § 71 SGB XII. Die Empfehlungen geben eine Orientierung für eine konsistente Anwendungspraxis und verdeutlichen die zentrale Bedeutung der (Weiter-)Entwicklung einer bedarfs- und bedürfnisgerechten Altenhilfeinfrastruktur für die immer größer werdende Gruppe der älteren Menschen. Die breite positive Resonanz der Empfehlungen, die sich auch in Vortragsanfragen aus Politik und Praxis zeigt, macht deutlich, dass sowohl Wohlfahrtsverbände als auch Kommunen und Länder darin eine wichtige Unterstützung für eine moderne Ausrichtung der Altenhilfe in Deutschland sehen.
Der Deutsche Verein nahm Stellung zu der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erarbeiteten Strategie gegen Einsamkeit. Dabei verwies er unter anderem auf die Relevanz des Zusammenhangs zwischen Einsamkeit und Armut und appellierte, relevante Schnittstellen wie etwa Sozialhilfeträger, Jobcenter oder Schuldnerberatungen stärker zu adressieren. Einsamkeit betrifft dabei nicht nur ältere, sondern auch junge Menschen. Das Thema wird daher im Deutschen Verein über alle Altersgruppen hinweg querschnittlich betrachtet und die Umsetzung der Einsamkeitsstrategie vor diesem Hintergrund weiter begleitet.
Der Gesetzgebungsprozess zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) wurde intensiv mit Stellungnahmen und Erörterung in den Gremien begleitet. Der Deutsche Verein begrüßt überwiegend die Ziele des Gesetzes, kritisiert aber die Regelungen als in weiten Teilen nicht ausreichend. Als notwendig wird eine umfassende Pflegereform angesehen, die sowohl die finanzielle Entlastung der Pflegebedürftigen als auch die Finanzierung der Pflegeversicherung selbst dauerhaft sichert. Dies hatte der Deutsche Verein bereits in seinen Positionen und Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Weiterentwicklung und nachhaltigen Finanzierung der Pflege dargelegt. Diese Positionen und Empfehlungen hat der Deutsche Verein im Jahr 2023 auch in Gesprächen mit Abgeordneten der Bundestagfraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebracht.
Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie Betreuungsrecht
Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftige Menschen sind aktuell nicht ausreichend vor Gewalt geschützt. Mit seiner dreitägigen Fachtagung zum Gewaltschutz adressierte der Deutsche Verein im Jahr 2023 bestehende Defizite, um eine Weiterentwicklung zu unterstützen. Fehlende oder nur schwer zugängliche Schutzmechanismen und Schutzstrukturen wurden dabei ebenso beleuchtet wie die Rolle der rechtlichen Betreuung und die Tatsache, dass Betroffene sich ihrer Rechte oft nicht bewusst sind.
Assistenzleistungen sind wesentliches Element einer personenzentrierten Eingliederungshilfe. Eine Arbeitsgruppe im Deutschen Verein hat sich mit den neuen Regelungen im SGB IX befasst und Empfehlungen zur deren Umsetzung in der Praxis erarbeitet, die 2024 fertiggestellt und verabschiedet wurden. Ziel ist es, Ansätze zur Umsetzung und Abgrenzung der Assistenzleistungen von anderen Leistungen und Leistungsformen aufzuzeigen und Hinweise zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe in der Praxis zu geben, um individuelle Leistungen im Sinne des personenzentrierten Ansatzes zu ermöglichen.
Die am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Reform des Betreuungsrechts zielt noch deutlicher als bisher auf den Ultima-Ratio-Charakter rechtlicher Betreuung und den Vorrang sozialer Hilfen. Der Fachtag Betreuungsrecht, der in Kooperation mit dem Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt veranstaltet wurde, bot Gelegenheit für eine erste Bilanz zum Stand der Umsetzung. Die vom Deutschen Verein verabschiedete Handreichung „Kooperation und Abgrenzung - Das Verhältnis von rechtlicher Betreuung und sozialer, pflegerischer und gesundheitlicher Unterstützung“ wurde im Rahmen externer Fachveranstaltungen sowie mehrerer Fachartikel vorgestellt.
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Mit Empfehlungen, Fachtagungen und Erfahrungsaustausch begleitete der Deutsche Verein die Jobcenter und weitere Akteure der Arbeitsmarktintegration in 2023 bei der Umsetzung des neuen Bürgergeldes. Im Mittelpunkt stand die Zusammenarbeit zwischen Fachkräften und Leistungsberechtigten im Jobcenter. Sie bildet den Kern einer gelingenden und nachhaltig wirksamen Integration. Mit Empfehlungen zum Beschwerdemanagement und Schlichtungsverfahren zeigte der Deutsche Verein auf, wie ein Mindeststandard des Beschwerdemanagements und Erweiterungen, beispielsweise durch Ombudsstellen oder Kooperationen mit örtlicher Sozialberatung, in der Praxis realisierbar sind. Einige Jobcenter haben bereits die Empfehlung aufgegriffen, Mediation für das Schlichtungsverfahren nach § 15a SGB II einzusetzen. Andere Jobcenter sehen sich in ihren Vorhaben bestätigt.
Der Deutsche Verein wurde im Jahr 2023 außerdem zu Fachgesprächen der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Themenfeld der arbeitsmarkintegrativen Gesundheitsförderung geladen und stellte hier jeweils seine Empfehlungen aus 2022 zur Unterstützung von Personen mit psychischen Beeinträchtigungen und psychischen Erkrankungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende vor.
Weiterentwicklung der Sozialhilfe
Mit Empfehlungen zur Rechtsvereinfachung und Weiterentwicklung der Sozialhilfe hat Deutsche Verein in 2023 konkrete Vorschläge unterbreitet, die Sozialhilfe für die Bürgerinnen und Bürger und für die Sozialverwaltung nachvollziehbarer zu gestalten. Der Gesetzgeber hat einige dieser Aspekte in dem Anpassungsgesetz zum SGB XII und SGB XIV aufgegriffen, allerdings nur sehr begrenzt. Der Deutsche Verein sieht deshalb mit Sorge, dass die Existenzsicherungssysteme von SGB II und SGB XII weiter auseinandertreten könnten. Insbesondere eine Vereinfachung der Regelungen zu Einkommen und Vermögen und eine Harmonisierung der Existenzsicherungssysteme, auch mit Blick auf die Regelungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung, sollten zügig angegangen werden. Der Deutsche Verein wird die rechtliche Weiterentwicklung der Sozialhilfe zu mehr Transparenz, Bürgerfreundlichkeit und Vereinfachung in den kommenden Jahren deshalb weiter begleiten.
Der Deutsche Verein gibt regelmäßig Empfehlungen zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe als Orientierungshilfe für die Jobcenter und Sozialämter heraus. Die bisherigen Empfehlungen sind für Säuglinge, Kinder und Jugendliche nur bedingt anwendbar, da sie sich an den Bedarfen von Erwachsenen orientieren. Diese Lücke hat der Deutsche Verein im Jahr 2023 geschlossen. Mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beauftragte er die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V., die Bedarfe von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen mit einem ernährungsmedizinischen Gutachten zu ermitteln. Auf Grundlage der gewonnenen Ergebnisse begann eine Arbeitsgruppe erstmals mit Blick auf diese Zielgruppe Empfehlungen für die Praxis zu entwickeln. Ziel ist eine Beschlussfassung in 2024.
Hilfe in prekären Lebenslagen und Hilfe bei Gewalt
Housing First, die möglichst unmittelbare Integration von wohnungslosen Menschen in mietvertraglich abgesicherten Wohnraum, gewinnt als neuer Hilfeansatz in der Wohnungsnotfallhilfe an Bedeutung. Mit digitalen Fachgesprächen, Vorträgen und Fachtagungen hat der Deutsche Verein in 2023 seine Empfehlungen zum Housing First-Ansatz des Jahres 2022 in die Fachöffentlichkeit eingebracht. Dabei wurde deutlich, dass Wohnraumakquise, wohnbegleitende Hilfen sowie eine sorgfältige Zielgruppenansprache maßgebliche Gelingens-Faktoren für das Housing First sind. Der Deutsche Verein wird weiterhin dazu beitragen, den neuen Hilfeansatz des Housing First zu etablieren und in bestehende Hilfeangebote einzubinden.
Die Istanbul-Konvention verpflichtet Deutschland, Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf allen Ebenen zu bekämpfen. Um dies zu erreichen, fordert der Deutsche Verein eine bundesgesetzliche Regelung noch in der 20. Legislaturperiode. Die Grundlagen hat er in 2022 mit Empfehlungen zur Absicherung des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder gelegt. In 2023 zeigte der Deutsche Verein in Gesprächen mit Expert/innen, mit Mandatsträger/innen und auf einer bundesweiten Fachtagung konkrete Anforderungen an eine Gesetzgebung auf. Die bundesgesetzliche Regelung soll außerhalb der bestehenden Sozialgesetzbücher erfolgen. Der Zugang zu Schutz und Beratung soll allein an Gewaltbetroffenheit geknüpft werden. Ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Schutz- und Beratungsangebot zu vergleichbarer Qualität, Prävention und Öffentlichkeitsarbeit sowie Unterkunft im Frauenhaus einschließlich Finanzierung sollen bundesgesetzlich gesichert werden.
Soziale Berufe
Der Deutsche Verein hat sich im Jahr 2023 mit der sehr angespannten Personalsituation im gesamten sozialen Sektor bei gleichzeitig erweiterten Bedarfen und teilweise erhöhten Qualitätsanforderungen vielfältig auseinandergesetzt:
Seine im Jahr 2022 beschlossenen Empfehlungen zur Eröffnung von Berufswegen und Implementierung von Karrierewegen in der Kindertagesbetreuung brachte er unter anderem in die Gesamtstrategie Fachkräfte in Kitas und Ganztag des Bundes ein und setzte seine Mitwirkung im Beirat der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte fort. Eine dreitägige Fachveranstaltung widmete sich 2023 der Qualifikation und den Kooperationserfordernissen von Fachkräften für die inklusive Kinder- und Jugendhilfe. Dabei wurde die SGB VIII-Reform gleichermaßen als Herausforderung und Motor für fachliche Weiterentwicklungen gewertet.
Zur Verbesserung des Zugangs zu sozialen Berufen durch Freiwilligendienste legte der Deutsche Verein Empfehlungen vor und fokussierte dabei insbesondere auf die Aspekte Zugänglichkeit für bislang unterrepräsentierte Gruppen, Erwerb und Sichtbarmachung von Kompetenzen sowie Erleichterung beim Zugang zu Ausbildungswegen für die sozialen Berufe.
Die Sicherung des Pflegepersonals gehört zu den wesentlichen gesellschaftspolitischen Aufgaben der kommenden Jahre. Der bereits heute bestehende Mangel an Fachkräften wird sich durch die zukünftigen demographischen und sozialen Entwicklungen weiter zuspitzen. Mit dem Pflegeberufegesetz wurde im Jahr 2020 die generalistische Ausbildung mit dem Ziel eingeführt, das Berufsbild an die sich verändernden Bedarfe anzupassen, die Ausbildung zu modernisieren und damit attraktiver zu machen. Die Fachtagung „Pflegeausbildung stärken und weiterentwickeln“ thematisierte den Umsetzungsstand an den Lernorten Schule und Praxis sowie die Umsetzung der Praxisanleitung und Unterstützungsangebote für Auszubildende. Die Ausbildung von Pflegeassistenzkräften stellte ein weiteres Thema der Fachtagung dar.
Sozialraum und Sozialplanung
Inklusionsanforderungen stellen sich insbesondere im Nahraum der Kommune und des Quartiers. Eine zentrale Herausforderung ist eine kommunale Leitstrategie, die einerseits einem umfassenden Inklusionsbegriff gerecht wird und andererseits eine steuerbare Struktur bildet, die Synergien nutzbar macht. Mit der Fachtagung „Inklusiver Sozialraum“ setzte der Deutsche Verein Impulse für die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses inklusiver Sozialräume und geeigneter Strategien zu ihrer Realisierung.
Das Forum Sozialplanung 2023 „Planung trifft auf Politik – Strukturen, Prozesse und Inhalte“ thematisierte das Verhältnis von Sozialplanung zur Politik und ihre Möglichkeiten, auf die politische Entscheidungsfindung einzuwirken. Die Planungsprozesse müssen von einer reaktiven Planung in Richtung einer aktiven Gestaltung und Steuerung weiterentwickelt werden.
Der Deutsche Verein thematisierte auch die Mobilisierung von Wohnraum, insbesondere für auf dem Wohnungsmarkt benachteiligte Zielgruppen. Kommunen müssen gerade für diese Zielgruppen gemeinsam mit anderen Akteuren des Wohnungsmarktes auf die wohnungspolitischen Herausforderungen mit lokalen Strategien und Instrumenten reagieren. Ziel ist es, mit marktfernen Wohnungsanbietern konzeptionelle Lösungen zu entwickeln und Wohnungsangebote zu schaffen.
Migration und Integration
„Einwanderungsgesellschaft vor Ort: Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Freier Wohlfahrtspflege" – das war der Titel einer Kooperationsveranstaltung des Deutschen Vereins und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Mai 2023. Die Tagung zeigte Kontroversen ebenso wie Beispiele guter Praxis dafür auf, wie sich die gemeinsame Integrationsarbeit konstruktiv gestalten lässt. Eine konstruktive Zusammenarbeit als gemeinsames Ziel im Blick zu behalten, bleibt unverzichtbar. Denn angesichts der angespannten Lage in vielen Kommunen durch die Aufnahme Geflüchteter und eines anhaltenden Bedarfs nach verlässlichen Strukturen kommunaler Integrationsarbeit sind alle Beteiligten auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen.
An der Schnittstelle von Sozial- und Migrationsrecht haben es Praktikerinnen und Praktiker bei freien Trägern, ebenso wie in Behörden, mit unterschiedlichsten Gesetzen und Verordnungen zu tun. Komplexe Regelungen, häufige Rechtsänderungen und eine Fülle an Rechtsprechung schaffen einen Bedarf nach Informationen und Austausch. Das griff der Deutsche Verein mit dem „Forum Migrationssozialrecht und Integration“ im November 2023 auf. Die digitale Veranstaltung wird mit Blick auf die starke Nachfrage nun jährlich durchgeführt.
Internationale und europäische Sozialpolitik
Der Deutsche Verein hat 2023 frühzeitig seine Erwartungen an das neue Europaparlament und die EU-Kommission (2024-2029) festgelegt: Er fordert die Stärkung des sozialen Europas und die weitere Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte. Kommunen und freigemeinnützige Organisationen sollen gestärkt werden, auch durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für soziale Dienste, beispielsweise im EU-Beihilfen- und Vergaberecht. In der Klimapolitik muss der soziale Ausgleich als Grundsatz von Anfang an mitgedacht und konsequent umgesetzt werden. Humanitäre Grundsätze sollen in der EU-Asylpolitik gewahrt werden; die Chancen der Erwerbsmigration gilt es zu nutzen. Der Deutsche Verein setzt sich für den Schutz der Rechtsstaatlichkeit und die Förderung der demokratischen Grundwerte ein.
Das Beihilfenrecht der Europäischen Union bildet einen Rahmen für die Förderung von sozialen Dienstleistungen und sieht in diesem Bereich auch Sonderregelungen vor. Eine Fachveranstaltung bot einen Überblick über die Grundlagen für die Anwendung in der Praxis sowie einen Ausblick auf die Reformen 2023, insbesondere der De-Minimis-Verordnung für die „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ (DAWI).
Internationaler Sozialdienst (ISD)
Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation (ZAnK)
Der Internationale Sozialdienst (ISD) berät als Lotse Fachkräfte der freien und öffentlichen Träger der Sozialarbeit, Behörden und Gerichte zu jeglichen grenzüberschreitenden Familiensituationen. Schwerpunkt der Arbeit der Zentralen Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindheitskonflike und Mediation (ZAnK) ist die Beratung von Personen, die von Familienkonflikten betroffen sind, sowie von Fachkräften, die vor Ort mit diesen Personen arbeiten. In beiden Bereichen ist die Anzahl der Beratungen aus dem In- und Ausland im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Die Grundsatzarbeit des ISD umfasst den Bereich der themenanwaltschaftlichen Interessenvertretung/Advocacy in den Bereichen Familienkonflikt, Kinderschutz, grenzüberschreitende Unterbringung, Menschenhandel, Migration sowie Adoption und Leihmutterschaft – immer gedacht aus der Perspektive des Kindes und seiner Rechte. Hier hat sich der ISD unter anderem mit einer Stellungnahme der Geschäftsstelle des Deutschen Vereins zu inhaltlichen Ausgestaltung des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Bekämpfung des Menschenhandels vom 27. Oktober 2023, eingebracht.
Die im fünf im Jahr 2023 durchgeführten Veranstaltungen hatten die offene Beratung, den Kinderschutz und Unterbringung, internationale Familienstreitigkeiten, die Zusammenarbeit nach der Brüssel IIb-VO und Auslandsintensivmaßnahmen zum Thema. Der ISD ist darüber hinaus als deutsches Mitglied im International Social Service (ISS) aktiv und war Sprecher der ISS-Delegation beim Special Commission Meeting der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zum Haager Kindesentführungsübereinkommen und dem Haager Kinderschutzübereinkommen im Oktober 2023.
Die Arbeit des ISD und ZAnK in Zahlen